Emissionshandel

Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene wurden Systeme zum Emissionshandel eingeführt. Diese verfolgen übergeordnet jeweils das Ziel, klimaschädliche Treibhausgasemissionen durch deren Bepreisung zu reduzieren.

  • Der Europäische Emissionshandel 1 (EU-ETS 1) wurde bereits im Jahr 2005 eingeführt. Er regelt das Emissionshandelssystem auf europäischer Ebene – alle EU-Mitgliedstaaten unterliegen diesem. Nach mehreren abgeschlossenen Handelsperioden befinden wir uns nun seit dem Jahr 2021 in der 4. Handelsperiode, die noch bis 2030 andauert.
  • Im Jahr 2021 startete neben dem europäischen Emissionshandel der nationale Emissionshandel (nEHS). Der Anwendungsbereich des nEHS beschränkt sich auf Deutschland.
  • Auf europäischer Ebene soll zum Jahr 2027 ein weiteres Emissionshandelssystem, der Europäische Emissionshandel 2 (EU-ETS 2), eingeführt werden, der insb. die Sektoren Gebäude und Verkehr erfasst und separat neben dem EU-ETS 1 steht. Der EU-ETS 2 löst den nEHS perspektivisch ab.

Für alle Themen rund um den Emissionshandel ist auf nationaler Ebene die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) zuständig. Diese veröffentlicht auf ihrer Homepage regelmäßig neue oder überarbeitete Leitfäden und Informationen zu verschiedenen Themen, wie dem Zuteilungsverfahren, der Erstellung von Überwachungsplänen und Emissionsberichten etc.

Wir geben in diesem Beitrag einen groben Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die Funktionsweise, die wesentlichen Pflichten und die künftige Entwicklung der Emissionshandelssysteme.

Europäischer Emissionshandel 1 ( EU-ETS 1)

Rechtliche Grundlagen und Funktionsweise

Der EU-ETS 1 wird in erster Linie durch die europäische Emissionshandelsrichtlinie-Richtlinie 2003/87/EG (EHRL) geregelt, die in den vergangenen Jahren vielfach überarbeitet und novelliert wurde.

Verpflichtet ist im Rahmen des EU-ETS 1 der Anlagenbetreiber. Welche Anlagen emissionshandelspflichtig sind und damit den Vorgaben des EU-ETS 1 mit seinen Pflichten unterliegt, ergibt sich aus Anhang 1 zum TEHG – angeknüpft wird bspw. an die Feuerungswärmeleistung (> 20 MW) oder an die spezifische Tätigkeit. Die insb. durch den Erwerb der EU-ETS-Zertifikate entstehenden Kosten wälzt der Anlagenbetreiber regelmäßig auf seinen Endkunden.

Folgende wesentliche Vorschriften regeln den EU-ETS 1(nicht abschließend):

Europäisch:

  • EU-ETS-Richtlinie 2003/87/EG, jeweils in ihrer aktuellen Fassung (EHRL): Führte den EU-ETS 1 zum Jahr 2005 ein und regelt diesen bis heute
  • Zuteilungsverordnung (Delegierte Verordnung (EU) 2024/873, EU-ZuVO): Enthält Vorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten
  • Monitoringverordnung, jeweils in ihrer aktuellen Fassung (Delegierte Verordnung (EU) 2018/2066, MVO): Enthält Regelungen zur Überwachung und Ermittlung von Treibhausgasemissionen

National:

  • Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG): Setzt die EHRL in nationales Recht um und enthält insb. die Tätigkeiten, die in den EU-ETS 1 einbezogen sind
  • Emissionshandelsverordnung 2030 (EHV 2030): Konkretisiert diverse TEHG-Vorschriften, insb, zur Ermittlung der Emissionen, zum Emissionsbericht, Überwachungsplan, Versteigerung von Berechtigungen, kostenlose Zuteilung inkl. Antragstellung

Besonderheiten: Kostenfreie Zuteilung, CBAM und ökologische Gegenleistungen

Nach der Grundsystematik des EU-ETS 1 sollen Unternehmen, die emissionshandelspflichtige Anlagen betreiben, Emissionsberechtigungen/Zertifikate erwerben, um klimaschädliche Treibhausgase emittieren zu dürfen.

Eine von diesem Grundsatz abweichende Besonderheit im EU-ETS 1 stellt die kostenfreie Zuteilung von Zertifikaten dar. Diese kostenfreie Zuteilung können bestimmte Unternehmen beantragen. Hintergrund ist, dass europäische Unternehmen, die dem EU-ETS 1 unterliegen, ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Unternehmen aus dem Nicht-EU-Ausland erhalten können und ihre Treibhausgasemissionen nicht durch eine Abwanderung ins Nicht-EU-Ausland verlagern sollen (sog. Carbon Leakage).

Anhand von sog. Benchmarks wird die Menge der kostenfrei zugeteilten Zertifikate bestimmt. Die Anzahl sinkt jährlich ab, um einen Anreiz dafür zu schaffen, dass betroffene Unternehmen sich effizienter aufstellen. Gleichzeitig wird im Rahmen des sog. Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) künftig die Einfuhr bestimmter Waren aus dem Nicht-EU-Ausland bepreist, um für europäische Unternehmen, die mit ihren Anlagen dem EU-ETS 1 unterliegen und Zertifikate kaufen müssen, den drohenden Wettbewerbsnachteil gegenüber Nicht-EU-Unternehmen auszugleichen.

Seit einer größeren Überarbeitung der EU-ETS-Richtlinie im Jahr 2023 wird von den Unternehmen, die von der kostenfreien Zuteilung profitieren, eine sog. ökologische Gegenleistung gefordert. Diese besteht darin, dass Betreiber von Anlagen, für die im Rahmen eines zertifizierten Energie- oder Umweltmanagementsystems Energieeffizienzmaßnahmen identifiziert wurden, diese Maßnahmen umsetzen müssen. Ausnahmen von der Umsetzungspflicht sieht die EU-ETS-Richtlinie bspw. bei einer Amortisationsdauer von mehr als drei Jahren handelt oder einer wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit vor.

Bei einem Verstoß droht eine Kürzung der kostenfrei zugeteilten Zertifikate um bis zu 20%.

Wesentliche Fristen für Teilnehmende am Europäischen Emissionshandel 1

  • 31.03. Abgabe Emissionsbericht und Zuteilungsdatenbericht sowie Mitteilung wesentlicher Änderungen im Methodenplan
  • 30.09. Abgabe Emissionsberechtigungen für Emissionen aus dem vorangegangenen Jahr

Nationaler Emissionshandel (nEHS)

Rechtliche Grundlagen und Funktionsweise

Auf nationaler Ebene wurde zum Jahr 2021 ein nationaler Emissionshandel (nEHS) eingeführt. Dieser hat einen anderen Anknüpfungspunkt als der EU-ETS 1:

Der nEHS orientiert sich in erster Linie an der Steuerpflicht nach dem Energiesteuergesetz (EnergieStG) und verpflichtet den Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe – insb. Erdgas, Benzin, Heizöl, Braunkohlestaub etc. – zur Teilnahme am nEHS. Häufig ist der Lieferant eines Brennstoffs derjenige, der die nEHS-Pflichten zu erfüllen hat. Die entstehenden Kosten gibt er i.d.R. über die Brennstoffrechnung an seinen Kunden weiter.

Seit 2024 sind zudem bestimmte Abfallverbrennungsanlagen in den nEHS einbezogen. Dies betrifft den Einsatz von Brennstoffen in solchen Anlagen, die eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach Nummer 8.1.1 oder Nummer 8.1.2 mit dem Hauptbrennstoff Altöl des Anhangs 1 zur 4. BImSchV haben und die nicht bereits am EU-ETS 1 teilnehmen. Gelten die eingesetzten Brennstoffe nicht bereits nach § 2 Absatz 2 BEHG als in Verkehr gebracht, so besteht grundsätzlich eine Emissionshandelspflicht im Rahmen des nEHS.

Folgende wesentliche nationale Vorschriften regeln den nEHS (nicht abschließend):

  • Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG): Führte den nEHS zum Jahr 2021 ein und regelt diesen
  • Energiesteuergesetz (EnergieStG): Bestimmt den Steuerpflichtigen und ist daher relevant für den nEHS und die Frage nach dem „Inverkehrbringer“
  • Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV): Enthält Vorschriften zum Verkauf der nEHS-Zertifikate und zum nationalen Emissionshandelsregister
  • Emissionsberichterstattungsverordnung 2030 (EBeV 2030): Enthält Vorschriften zur Emissionsberichterstattung für den Zeitraum 2023-2030

Wesentliche Fristen für Teilnehmende am nationalen Emissionshandel

  • 31.07. Abgabe Emissionsbericht
  • 30.09. Abgabe Emissionsberechtigungen für Emissionen aus dem vorangegangenen Jahr

EU-ETS 1 und nEHS: Vermeidung von Doppelbelastungen

Durch die Einführung der beiden Emissionshandelssysteme mit zwei unterschiedlichen Anknüpfungspunkten kann es dazu kommen, dass bei einem verpflichteten EU-ETS-Anlagenbetreiber eine Doppelbelastung besteht: Er erwirbt zum einen für den Betrieb seiner Anlage selbst EU-ETS-1-Zertifikate und bekommt daneben die CO2-Kosten seines Lieferanten aus dem nEHS bspw. für den Bezug von Erdgas über die Rechnung weiterbelastet. Eine solche Doppelbelastung ist nicht gewollt und soll – möglichst vorab – vermieden werden. Rechtliche Grundlage für die Vermeidung von Doppelbelastungen ist die BEHG-Doppelbilanzierungsverordnung (BEDV).

Im Falle von fossilen Brennstoffen wie Erdgas funktioniert die Vorabvermeidung erfahrungsgemäß gut. Dies geschieht in der Regel – grob skizziert – wie folgt:

Der EU-ETS-Anlagenbetreiber teilt seinem Lieferanten im Rahmen einer sog. Verwendungsabsichtserklärung mit, welche Brennstoffmenge er in seiner EU-ETS-Anlage einsetzt. Auf diese Menge schlägt der Brennstofflieferant dann keine CO2-Kosten aus dem nEHS auf. Nach der Abgabe seines EU-ETS-Emissionsberichts zum 31. März übermittelt der EU-ETS-Anlagenbetreiber dem Lieferanten eine sog. Verwendungsbestätigung über den tatsächlichen Einsatz der gelieferten Brennstoffmenge in seiner EU-ETS-Anlage. Diese Bestätigung wird dann Teil des nEHS-Emissionsberichts des Brennstofflieferanten.

So fallen lediglich CO2-Kosten im Rahmen des EU-ETS 1 und nicht im Rahmen des nEHS an.

Funktioniert die Vorabvermeidung wie oben beschrieben nicht – dies ist bspw. bei Heizöl häufig der Fall – so hat der EU-ETS-Anlagenbetreiber die Möglichkeit, bei der DEHSt jeweils bis zum 31. Juli einen Kompensationsantrag für doppelt angefallene CO2-Kosten zu stellen.

Europäischer Emissionshandel 2: Ein Ausblick

Wie oben beschrieben soll ab dem Jahr 2027 der neue EU-ETS 2 für die Sektoren Gebäude und Verkehr sowie bestimmte weitere Sektoren an den Start gehen. Dieser verfolgt wie der nEHS den Ansatz, dass im Grunde der Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe der Emissionshandelspflicht unterliegt und löst damit den nEHS voraussichtlich ab. Der EU-ETS 2 soll – wie auch der EU-ETS 1 – im TEHG geregelt und dabei von weiteren unionsrechtlichen Verordnungen (insb. EHRL und MVO) flankiert werden. Ein Referentenentwurf für das überarbeitete TEHG liegt bereits vor. Wann mit einem Inkrafttreten zu rechnen ist, ist derzeit unklar.

Der Anwendungsbereich des EU-ETS 2 ist enger als der des nEHS und erfasst nicht alle Brennstoffverbräuche außerhalb von Anlagen des EU-ETS 1 (so im nEHS), sondern nur solche, die in den Sektoren Gebäude, Verkehr und einigen wenigen weiteren eingesetzt werden – hier ist also im Rahmen der Berichterstattung zunächst eine Abgrenzung erforderlich. Über ein Opt-in, das die EU-Kommission vorab billigen muss, können Mitgliedstaaten allerdings auch weitere Sektoren – so bspw. die übrigen nEHS-Sektoren – einbeziehen.

Worauf sollten sich Betroffene einstellen?

Diejenigen, die bereits jetzt unmittelbar dem nEHS unterliegen, sollten sich auf Neuerungen einstellen. Im Wesentlichen:

  • Eine erstmalige Emissionsberichterstattung im Rahmen des EU-ETS 2 ist zum 30. April 2025 für Emissionen aus 2024 vorgesehen. Sollte das TEHG allerdings nicht rechtzeitig in Kraft getreten und die behördliche IT-Infrastruktur entsprechend angepasst worden sein, kommt eine Verschiebung dieser Frist in Betracht. Wir halten dies aktuell für wahrscheinlich.
  • Eine Pflicht zur Abgabe von Zertifikaten sieht der EU-ETS 2 erst ab 2028 vor. Das bedeutet, dass die Betroffenen vorher lediglich Berichtspflichten unterliegen – und zwar parallel zu den Berichts- und Zertifikatspflichten aus dem nEHS. Bezüglich der Berichterstattung etc. sollen möglichst viele Synergien genutzt werden, um den Mehraufwand so gering wie möglich zu halten.
  • Verpflichtete müssen eine sog. Emissionsgenehmigung beantragen – vorgesehen ist dies eigentlich bis zum 01.01.2025. Diese Frist wird aufgrund des verzögerten Gesetzgebungsverfahrens allerdings nicht gehalten werden können. Die DEHSt informiert zu einem späteren Zeitpunkt über die neue Frist. Bis dahin wird das Vorliegen dieser Genehmigung fingiert (Genehmigungsfiktion), sofern ein nach dem BEHG genehmigter Überwachungsplan vorliegt.
  • Auf europäischer Ebene stehen noch verschiedene Verordnungen aus, die Einzelheiten des EU-ETS 2 regeln – so z.B. eine Kompensationsverordnung für Doppelbelastungen und eine Kostenweitergabeverordnung.

Entlastungsmöglichkeiten: Strompreiskompensation und Carbon-Leakage-Beihilfe (BECV)

Für Unternehmen aus bestimmten Sektoren gibt es Entlastungsmöglichkeiten für mittelbare CO2-Kosten aus dem EU-ETS 1 oder dem nEHS:

  • Die Strompreiskompensation entlastet von mittelbaren CO2-Kosten, die im Kontext des EU-ETS 1 von emissionshandelspflichtigen Betreibern großer Stromerzeugungsanlagen über den Strompreis an ihre Kunden weitergegeben werden. Grundlage ist hier die Strompreiskompensations-Förderrichtlinie (SPK-FRL).
  • Die Carbon-Leakage-Beihilfe entlastet von mittelbaren CO2-Kosten, die im Kontext des nEHS von „Inverkehrbringern“/Brennstofflieferanten über die Brennstoffrechnung an ihre Kunden weitergegeben werden. Grundlage ist hier die BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung (BECV).

Näheres zu den Entlastungsmöglichkeiten finden Sie im Beitrag „Beihilfen und Privilegien„.

Wichtig für BECV-Antragsteller: Durch den voraussichtlichen Wegfall des nEHS zum Jahr 2027 entfällt zugleich der Anwendungsbereich der BECV. Der TEHG-Entwurf sieht auch für den EU-ETS 2 eine Verordnungsermächtigung zur Vermeidung von Carbon Leakage vor. Ob und wie der deutsche Verordnungsgeber hiervon Gebrauch macht, bleibt abzuwarten.