Das Energierecht steckt voller Chancen – man muss Sie nur kennen. Was Sie als energieintensives Unternehmen zu Tun und zu Lassen haben, wird in vielen Vorschriften über das Ordnungsrecht geregelt, das diverse Pflichten enthält. Wird eine Pflicht nicht erfüllt, kann dies eine Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld nach sich ziehen. Anders verhält es sich bei Privilegien: deren Nutzung ist freiwillig, aber auch hier haben Sie Voraussetzungen und Pflichten zu erfüllen. Dabei führt eine Nichtbeachtung der Pflichten zu keinem Bußgeld, sondern zum Entfall der Beihilfe, was ein weitaus empfindlicheres Übel auf der monetären Skala darstellen kann.
Energieintensive Unternehmen werden regelmäßig von nationalen Kostenbestandteilen des Strom- und Gaspreises entlastet, um eine Abwanderung dieser Unternehmen in ein Ausland ohne Kostenaufschläge vorzubeugen (sog. Carbon Leakage).
Nutzen Sie bereits alle Ihrem Unternehmen zustehenden Beihilfen? Folgende Auswahl von energiebezogenen Privilegien möchten wir Ihnen im folgenden Überblick vorstellen:
• Besondere Ausgleichsregelung (gemäß EnFG)
Die sog. Besondere Ausgleichsregelung (kurz auch BesAR) kann eine Reduzierung der KWK- und Offshore-Netzumlage bewirken. Diese Umlagen werden über den Strompreis erhoben und entweder an den Stromversorger (bei Stromlieferung inkl. Netznutzung) oder direkt an den Anschlussnetzbetreiber (bei separatem Netznutzungsvertrag) abgeführt. Die Offshore-Netzumlage wird jährlich veröffentlicht und hatte in den letzten Jahren einen Wert von 0,416-0,591 ct/kWh und die KWK-Umlage von 0,226-0,378 ct/kWh.
Eine Reduzierung ist auf 15 % bzw. 25 % (bzw. ein individuelles Super-Cap) der veröffentlichten Umlagenhöhe möglich. Die Reduzierung greift, nachdem auf die erste Gigawattstunde Stromverbrauch die volle Umlagenhöhe gezahlt wurde und ist damit nur für Unternehmen lohnend, die einen hohen Stromverbrauch aufweisen. Neben dieser gibt es eine weitere wesentliche Hürde, da die Beihilfe Unternehmen vorbehalten ist, deren Wirtschaftszweigklasse (WZ-Klasse) in der Anlage 2 zum EnFG gelistet wird und damit als stromintensiv und abwanderungsgefährdet eingestuft wird.
Als weitere Hürde ist die sog. Stromkostenintensität, d.h. das Verhältnis der Bruttowertschöpfung zur Stromkostenbelastung mit einer Gesetzesänderung in 2023 entfallen. Seitdem können weitaus mehr Unternehmen von der BesAR profitieren als zuvor. Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen zum Kreis der Antragsberechtigten zählt!
Neben der gelisteten WZ-Klasse und dem Mindeststromverbrauch von 1 GWh/a, sind der Betrieb eines Energiemanagementsystems (Ausnahmen möglich!) und die Erbringung von sog. Ökologischen Gegenleistungen die wesentlichen Antragsvoraussetzungen. Der Antrag ist jährlich elektronisch beim Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis zum 30.06. einzureichen, um im darauffolgenden Jahr von den reduzierten Umlagen zu profitieren.
• Strompreiskompensation (gemäß SPK-FRL)
Die Strompreiskompensation kann ebenfalls zu einer Entlastung bei den Strompreisbestandteilen führen und indirekte Zertifikatskosten aus dem Europäischen Emissionshandel Teil 2 (EU-ETS Teil 2) ausgleichen. Denn Stromproduzenten sind mit ihren Erzeugungsanlagen zur Teilnahme am Europäischen Emissionshandel verpflichtet und haben in dessen Rahmen CO2-Zertifikate kostenpflichtig zu erwerben. Die dafür geleisteten Beträge werden über den Strompreis an die Verbraucher weitergereicht. Um auch hier für einige wenige Branchen die Abwanderungsgefahr in ein EU-Ausland zu verringern, können Unternehmen, die Produkte aus den in Anhang I der „Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach 2021“ gelisteten Wirtschaftssektoren herstellen, einen Antrag auf Entlastung der indirekt weitergegebenen Zertifikatskosten stellen. Neben der Zugehörigkeit des Produkts zu den gelisteten Sektoren sind als weitere Voraussetzungen ein Energiemanagementsystem zu betreiben (Ausnahmen möglich!) und ökologische Gegenleistungen zu erbringen. Die Höhe der Beihilfe hängt von verschiedenen Faktoren u.a. branchenspezifischen Stromeffizienzbenchmarks ab. Die Anträge sind jährlich bis zum 30.06. für die Kostenbelastung des vorangegangenen Abrechnungsjahres über die Virtuelle Poststelle der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) unter Beifügung eines Wirtschaftsprüfertestats zu stellen.
• BECV-Beihilfe (gemäß BECV)
Die BECV-Beihilfe führt anders als die vorgenannten Beihilfen zu keiner Entlastung der Strombezugskosten, sondern zu einer Entlastung bei fossilen Brennstoffen (u.a. Erdgas, Benzin, Diesel, Heizöl, Kohle und weiteren). Die Inverkehrbringer dieser Brennstoffe haben seit 2021 am nationalen Emissionshandel teilzunehmen und in diesem Kontext CO2-Zertifikate zu erwerben. Diese sog. „BEHG-Kosten“ oder „CO2-Steuern“ werden neben den Brennstoffkosten an die Verbraucher weiterbelastet. Um auch für diese nationale Kostenbelastung eine Abwanderung von Produktionsstätten zu verhindern, regelt die BECV eine Beihilfe für Unternehmen die Produkte herstellen, die in den Wirtschaftssektoren der Anlage zur BECV gelistet sind und damit als energieintensiv und abwanderungsgefährdet eingestuft werden. Neben den gelisteten Produkten haben beihilfeberechtigte Unternehmen ein Energiemanagementsystem zu betreiben (Ausnahmen möglich!) und ökologische Gegenleistungen zu erbringen. Die Höhe der Beihilfe richtet sich nach einem branchenspezifischen Kompensationsgrad und dem Nachweis einer Emissionsintensität. Der Antrag ist jährlich bis zum 30.06. für die Kostenbelastung des vorangegangenen Abrechnungsjahres über die virtuelle Poststelle der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) unter Beifügung eines Wirtschaftsprüfertestats zu stellen. Aktuell laufen noch diverse sog. nachträgliche Anerkennungsverfahren, in denen geprüft wird, ob weitere Sektoren in die BECV aufgenommen werden. Sollte es dazu kommen, besteht für betroffene Unternehmen innerhalb von drei Monaten die Möglichkeit nachträglich Beihilfen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 zu beantragen.
Die BECV-Beihilfe ist ein Auslaufmodell, da der nationale Emissionshandel ab 2026 von einem Europäischen Emissionshandel Teil 2 abgelöst wird. Die DEHSt hat kommuniziert an der BECV-Beihilfe nicht festzuhalten. Ob es in der Nachfolge eine andere Möglichkeit für eine Kostenentlastung geben wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch offen und in den aktuellen Unterlagen noch nicht angelegt.
Dies ist nur eine kleine Auswahl der Entlastungsmöglichkeiten. Um alle einschlägigen Privilegien zu nutzen, empfehlen wir Ihnen für Ihr Unternehmen zu prüfen, ob Sie bereits alle Ihnen zustehenden Erleichterungen nutzen. Gerne unterstützen wir Sie bei dieser Prüfung mit unserem unternehmensindividuellen DeepDive: Energierechtliche Privilegien und Entlastungen.