Wird Energie an andere Verbraucher verteilt so stellt sich die Frage nach der Einordnung dieser Leitungen als Kundenanlage oder Netz. Die Mehrzahl der Industriestandorte ist als „Kundenanlage“ zu klassifizieren. Mit diesem Beitrag stellen wir Ihnen die Vorteile einer Kundenanlage vor und erläutern warum man am Status als Kundenanlage lieber nicht rütteln sollte.
Abgrenzung zum geschlossenen Verteilernetz
Die Netze zum Transport von Energie unterliegen der Regulierung d.h. die Netzbetreiber müssen u.a. den Netzausbau sicherstellen, Netzentgelte kalkulieren, Netzanschlüsse realisieren, sowie Berichts- und Mitteilungspflichten erfüllen. Ziel der Regulierung ist die Vermeidung von Nachteilen für Verbraucher, die sich aus der natürlichen Monopolstellung der Energienetzbetreiber ansonsten ergeben könnte. Außerhalb der Regulierung findet der Pflichtenkanon nicht statt und hier kommt der Vorteil der Kundenanlage ins Spiel.
Diskriminierungsfrei und unentgeltlich
Der Begriff der Kundenanlage wird stets als sperrig empfunden, da das Wort selbst noch nicht erklärt was eigentlich gemeint ist. Der alte Begriff des „Aeralnetzes“ hilft für die Selbsterklärung schon eher weiter. Die Kundenanlagen sind mit zwei Varianten in § 3 Nr. 24 a/b EnWG definiert. Stark verkürzt steht dort: Kundenanlagen sind Anlagen zur Fortleitung von Energie, die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden. Damit kommen wir der Sache näher. Denn an Industriestandorten wird regelmäßig Energie auf dem Betriebsgelände an andere Abnehmer weitergeleitet. Damit diese Leitungen auf dem Betriebsgebiet als Kundenanlage und nicht als sog. geschlossenes Verteilernetz gelten, sind weitere Bedingungen einzuhalten. Zum einen darf kein Entgelt für die Nutzung des internen Netzes erhoben werden – logisch, denn wenn in dem Bereich keine Netzentgeltregulierung stattfindet, darf es kein Netzentgelt geben, da dies der Kontrolle entzogen wäre. Zum anderen darf der Betreiber der Kundenanlage nicht als exklusiver Stromlieferant auftreten, sondern muss den angeschlossenen Verbrauchern die Möglichkeit einräumen einen Energielieferanten ihrer Wahl zu beauftragen.
Keine Wettbewerbsrelevanz
Zusätzlich muss die Kundenanlage für den Wettbewerb unbedeutend sein. Dies ist der Fall, wenn sie entweder ganz überwiegend der Verteilung von eigenen Energiemengen dient und Dritte kaum beliefert werden oder weil bestimmte Grenzwerte in Bezug auf das geographische Gebiet, die Anzahl der angeschlossenen Letztverbraucher und die Menge an durchgeleiteter Energie eingehalten werden. Vorsicht ist stets geboten, wenn Sie Ihren Standort verändern.
Aktuell: Die Definition der Kundenanlage steht seit dem Urteil des EuGH C-293/23 vom 28.11.2024 vor einem Wandel. Der EuGH stellt darin anhand eines Praxisfalls klar, dass die deutsche Interpretation nicht von der EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie gedeckt ist und damit als europarechtswidrig gilt. Der nationale Gesetzgeber ist nun aufgerufen angepasste Kriterien festzulegen. Welche Standorte zukünftig weiterhin als „kein Netz“ zu bewerten sind, mit den Erleichterungen der Netzentgelt- und Regulierungsfreiheit, wird aktuell mit Spannung erwartet.
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