Nachdem im Jahr 2022 die Preise für Strom, Erdgas und Wärme infolge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und der daraus resultierenden Energiekrise massiv angestiegen sind, führte der deutsche Gesetzgeber für das Kalenderjahr 2023 ein Entlastungsinstrument ein: Die Energiepreisbremsen für Strom, Erdgas und Wärme – geregelt durch das Strompreisbremsengesetz (StromPBG), das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) sowie auf diesen Gesetzen beruhenden Verordnungen.
Der Entlastungszeitraum endete zum 31. Dezember 2023, sodass der Großteil zum Thema „Energiepreisbremsen“ bereits Geschichte ist. Daher geben wir in diesem Beitrag einen groben Überblick über Ziele, Knackpunkte und potenzielle Streitthemen im Kontext der Preisbremsen. Die genaue Funktionsweise der Preisbremsen betrachten wir hier nicht im Detail.
Ziel der Energiepreisbremsen
Die Energiepreisbremsen sollten die Energiepreise sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen und sonstige energieverbrauchende Institutionen deckeln. Ein Antrag o.ä. war hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Vielmehr wurden die Energielieferanten verpflichtet, ihren Kunden die Entlastung zu gewähren und diese Preisdeckelung auf den Rechnungen auszuweisen. Um hierdurch nicht selbst enorme Verluste zu generieren, konnten sich die Lieferanten die gewährten Entlastungsbeträge letztlich vom Staat erstatten lassen.
Knackpunkte und potentielle Streitthemen
So einfach wie dies in der groben Skizzierung klingt, war es natürlich nicht. Dies gilt vor allem für diejenigen Unternehmen, die entweder alleine oder im Konzernverbund eine Entlastung von mehr als 2 Mio. EUR nur aus den Preisbremsen oder im Zusammenhang mit anderen Entlastungsinstrumenten wie der Dezember-Soforthilfe oder dem Energiekostendämpfungsprogramm erhalten haben.
Folgende Punkte stellten in der Praxis häufig Probleme dar und könnten künftig zu weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen führen – über das weitere Geschehen rund um die Preisbremsen und neue Erkenntnisse zu den nachfolgend dargestellten Punkten halten wir Sie selbstverständlich in unserem LegalQuarterly auf dem Laufenden.:
Bestimmung von Berechtigtem und Verpflichtetem
Die Preisbremsengesetze enthalten unterschiedliche Begrifflichkeiten und Definitionen von Berechtigtem und Verpflichteten im Rahmen der Energiepreisbremsen.
Beispiel: „Letztverbraucher“ von Erdgas im Sinne des EWPBG ist derjenige, der Erdgas für den eigenen Verbrauch kauft. „Letztverbraucher“ von Strom im Sinne des StromPBG ist hingegen derjenige, der an einer Netzentnahmestelle zum Zwecke des eigenen oder fremden Verbrauchs hinter dieser Netzentnahmestelle mit Strom beliefert wird. In Kundenanlagenkonstellationen erhält also nach dem Gesetz im Grundsatz nur der Inhaber der Netzentnahmestelle die Entlastung nach dem StromPBG. Dies gilt grundsätzlich sowohl für den Strom, den er selbst verbraucht als auch für den Strom, den er weiterleitet.
Gegenstand gerichtlicher Verfahren war in diesem Kontext bereits mehrfach die folgende Konstellation: Ein Unternehmen (im Folgenden „Stromkunde“) schließt einen Stromliefervertrag mit einem anderen Unternehmen. Dieses andere Unternehmen bedient sich zur tatsächlichen Belieferung des Stromkunden eines Dritten – i.d.R. ohne Kenntnis des Stromkunden. Viele Vertragspartner der Stromkunden verwehren diesen in den Konstellationen derzeit häufig die Gewährung der Entlastung. Sie verweisen darauf, dass es sich bei dem Vertragspartner des Stromkunden nicht um ein „Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ handele. Sie seien daher kein Verpflichteter im Sinne des StromPBG handele. Damit folgen sie der aktuellen Auffassung der Prüfbehörde und der Übertragungsnetzbetreiber.
Die bisher gesprochenen Urteile hierzu stellen sich auf die Seite des Stromkunden und sprechen diesem einen Entlastungsanspruch zu. Rechtskräftig sind diese Urteile jedoch noch nicht. Bislang fehlt allerdings noch eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Thema.
Ermittlung des Entlastungsbetrags
Auch bei der Ermittlung des Entlastungsbetrags kam es in der Praxis zu Schwierigkeiten. Dies gilt insb. in Konstellationen, in denen es variable Arbeitspreise gab, der Lieferant gewechselt wurde oder Entnahmestellen weggefallen oder hinzugekommen sind und das Entlastungskontingent nicht nach dem Standardschema ermittelt werden konnte.
Zudem warf die unterjährig erlassene Differenzbetragsanpassungsverordnung (DBAV), mit der der maximal vom Staat übernommene Betrag gedeckelt wurde, einige Fragen auf: In welchen Konstellationen greift die DBAV? Welche Auswirkung hat die DBAV im Kontext der im Wege der vorläufigen Selbsterklärung angegebenen Beträge? U.v.m.
Bestimmung und Verteilung der Höchstgrenzen
Eines der größeren Probleme bildete die Bestimmung und Verteilung der Höchstgrenzen. Was gilt für das einzelne Unternehmen? Welche Beträge dürfen nicht überschritten werden? Welche absolute und relative Höchstgrenze gilt? Inwieweit sind verbundene Unternehmen zu berücksichtigen? Wie sind die krisenbedingten Mehrkosten zu ermitteln? Inwieweit ist die Dezember-Soforthilfe oder eine Entlastung nach dem Energiekostendämpfungsprogramm einzubeziehen?
Diese und viele, viele weitere Problemfelder haben sich im Kontext der Höchstgrenzen aufgetan. Bis heute sind nicht alle abschließend geklärt – auch hier könnte es in dem ein oder anderen Fall auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinauslaufen.
Bindungswirkung der vorläufigen Selbsterklärung
Viele Unternehmen haben zum 31. März 2023 eine sog. „vorläufige Selbsterklärung“ abgegeben und darin ihre Entlastungsbeträge, Höchstgrenzen und deren Verteilung prognostiziert. Im Laufe des Jahres lasen die Prüfbehörde und das BMWK jedoch eine Art Bindungswirkung in diese „prognostizieren“ Beträge. Dies führte bei vielen dazu, dass unklar wurde, inwieweit „zu wenig“ erklärte Entlastungsbeträge über eine Nachzahlung im Rahmen der Endabrechnung ausgeglichen werden können.
Die Prüfbehörde und das BMWK vertreten aktuell die Auffassung, im Rahmen des StromPBG sei eine Nachzahlung ausgeschlossen. Wer einen zu geringen Betrag in der vorläufigen Selbsterklärung erklärt hat, wird derzeit hieran festgehalten. Im Rahmen des EWPBG seien in bestimmten Konstellationen Nachzahlungen denkbar.
Dies ist ebenfalls ein Themenfeld, in dem das letzte Wort noch nicht gesprochen sein dürfte.
Arbeitsplatzerhaltungspflicht
Unternehmen, die aus den Energiepreisbremsen einen Entlastungsbetrag von mehr als 2 Mio. EUR erhalten wollten, mussten sich dazu verpflichten, ihre Arbeitsplätze in einem gewissen Maße zu erhalten – entweder im Wege der Selbstverpflichtung oder im Wege einer Betriebssicherungsvereinbarung. Die entsprechenden Unterlagen waren nach der gesetzlichen Frist zum 31. Juli 2023 abzugeben, eine Abgabe bis zum 30. September 2023 wurde aber ebenfalls nicht beanstandet. In diesem Zusammenhang stellten sich häufig Fragen danach, wie diese Pflicht zu erfüllen ist, welche Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, welche Unterlagen einzureichen sind u.ä.
Achtung: Unternehmen, die (i) allein mehr als 2 Mio. EUR Entlastung aus den Preisbremsen erhalten und (ii) die Arbeitsplatzerhaltung im Wege der Selbstverpflichtung (nicht Betriebssicherungsvereinbarung) zugesichert haben, dürfen im Jahr 2025 nicht vergessen, einen Nachweis darüber zu erbringen, dass die Arbeitsplätze tatsächlich in der vorgeschriebenen Höhe erhalten wurden. Dieser Nachweis erfolgt grundsätzlich über einen Abschlussbericht mit einem durch einen Wirtschaftsprüfer testierten Nachweis, der die Arbeitsplatzentwicklung darstellt und ist gegenüber der Prüfbehörde abzugeben.
Häufig überarbeitete FAQ des BMWK
Große rechtliche Unsicherheiten kamen insgesamt auf, als sich eine Art „Parallelgesetzgebung“ per FAQ ergeben hat. Das BMWK veröffentlichte recht zeitnah nach Inkrafttreten der Preisbremsengesetze Antworten auf häufig gestellte Fragen und aktualisierte diese in sehr regelmäßigen Abständen. Inzwischen umfassen diese FAQ nur für den Bereich „Höchstgrenzen und Selbsterklärung“ bzw. damit direkt im Zusammenhang stehenden Themen über 80 Seiten. Problematisch ist, dass sich die jeweils veröffentlichten bzw. überarbeiteten Versionen teilweise in sich oder im Zusammenhang mit dem Gesetzeswortlaut widersprechen und damit in vielen Fällen nicht zu einer Klärung, sondern eher zur weiteren Verunsicherung beitragen.
Es ist dennoch ratsam, die FAQ immer im Blick zu behalten und die jeweils aktuelle Version abzuspeichern, um im Zweifel bei einer etwaigen Argumentation auf die zu dem Zeitpunkt geltende (nicht rechtsverbindliche) Rechtsauffassung des BMWK verweisen zu können.